Willkommen in der Wildnis – der West Coast Trail
28. Mai – 08. Juni 2017
Eine Woche abgeschnitten von der Außenwelt. Kein fließend Wasser, keine Elektrizität, kein warmes Bett. Das ist der West Coast Trail. Eine einwöchige Wanderung entlang der Westküste Vancouver Islands in der Provinz British Columbia.
Nach meinem Hawaii Trip war ich bereit für eine neues, komplett anderes Abenteuer. Meine erste Wanderung in solch einer Form. Zuvor war ich lediglich auf Tageswanderungen. Anfangs fragte ich mich, ob das überhaupt etwas für mich ist.
Zusammen mit drei anderen Abenteuerlustigen – Tobi, Domi und Sina – ging es gemeinsam am 31. Mai los. Hier nochmal ein Bild von unseren letzten Vorbereitungen am Tag vor dem Beginn.
Zu aller erst mussten wir uns einer Einführung durch Mitarbeiter des Pacific Rim National Park Reserve unterziehen. In dieser lernt man viele wichtige Dinge, wie beispielsweise das Verhalten bei Begegnung mit Wildtieren. Man wandert ja schließlich in der Wildnis, da kann es schon mal vorkommen, dass man einen Schwarzbären sieht. Dann falsch zu reagieren kann fatal sein.
Nach der Belehrung ging es auch direkt los. Wir sind am südlichen Einstiegspunkt, in Port Renfrew (Gordon River), gestartet und werden Richtung Pachena Bay wandern. Das ist der nördliche Startpunkt. Insgesamt stehen uns ganze 75 Kilometer bevor. Ziel ist es diese in sieben Tagen hinter uns zu bringen.
Day 1 – Thrashers Cove
Man muss mit einem Wassertaxi fahren, um an den Startpunkt des Trails zu kommen. Dann wartet auch schon die erste von etlichen Leitern auf einen. Das erste Stück soll das schwierigste sein. Nach der 3,5 stündigen Wanderung würde ich das auch direkt unterscheiben. Es ging manchmal fünf Leitern runter, 2 Minuten später wieder hoch. Und das mit einem Backpack, der mehr als 20 kg wiegt. Da wir erst nachmittags aufgebrochen sind, war für uns klar welchen Campground wir ansteuern werden. Thrashers Cove, der erste Campground nach dem südlichen Einstieg. Viele Campspots waren bereits vergeben durch Leute, die schon früher auf dem Trail waren. Unsere Zelte haben wir zwischen zwei großen , vom Wasser angespülte Baumstämme aufgeschlagen und uns von den Strapazen des ersten Tages erholt.
Day 2 – über Stock und Stein
Ich sagte ja bereits, der erste Tag war anstrengend. Der zweite hatte es aber auch in sich. Es ging direkt an der Küste entlang, was sich als ziemlich schwierig herausstellte, da die Küste lediglich aus riesigen Steinen und Baumstämmen bestand. Zu allem Elend waren diese auch noch rutschig ohne Ende. An diesem Tag legten wir 12 km zurück. Dafür brauchten wir ganze 10 Stunden!!! Schnell vorangekommen sind wir also definitiv nicht…
Für kleine Snacks zwischendurch ist immer Zeit.
Day 3 – gute Laune pur
Obwohl die ersten zwei Tage eher regnerisch und bewölkt waren, war die Stimmung top! Jeder hatte Spaß beim Wandern und genoss die Abgeschiedenheit. Einfach mal ohne Telefon und Internet leben kann so viel ausmachen. Man merkt richtig in was für einem alltäglichen Luxus man wirklich lebt. Verglichen zu hier, wo man morgens das Zelt ab- und abends wieder aufbauen muss, um einen trockenen Schlafplatz zu haben. Man kann nicht einfach aufstehen, ins Bad laufen und hat fließend Wasser oder gar eine warme Dusche. All das lernt man von Tag zu Tag mehr zu schätzen.
Außerdem muss man sich den Trail ein wenig einteilen. Wie viel Tage möchte ich unterwegs sein, oder in welche Abschnitte teile ich den Trail. Eine der wichtigsten Fragen ist jedoch: Wo bekomme ich Süßwasser her. Glücklicherweise sind wir an der West Coast, wo es relativ viel regnet. Trotzdem sollte man sich mit der Trailmap vertraut machen und sich wichtige Stellen für den jeweiligen Tagestrip merken. In der anfänglichen Einführung lernt man auch wie man Tidetables ließt. Das sind Gezeitentabellen, die einem aufzeigen wann und in welchem Ausmaß Flut und Ebbe eintreten. Das kann auch sehr wichtig werden, wenn man z.B. an der Küste wandert. Manche Punkte können nur unter einer bestimmten Meereshöhe passiert werden.
Größere Flüsse kann man mithilfe eines Cable cars überqueren.
Day 4 – 18 km
Heute haben wir mit Abstand die längste Distanz unserer Wanderung zurückgelegt. Insgesamt 18 km. Heute Morgen wurden wir von der strahlenden Sonne geweckt, was natürlich dafür sorgte, dass jeder aus dem Team motiviert und bereit für die große Distanz war. Uns offenbarten sich einzigartige Landschaften und Aussichten, teilweise auch rüber in die USA, wo man den Bundesstaat Washington und die olympische Halbinsel erblicken konnte.
Es war ein weiterer anstrengender Tag auf dem West Coast Trail, der Abends mit einem schönen Lagerfeuer und guter Gesellschaft zelebriert wurde.
Day 5 – Entspannung ist angesagt
Heute haben wir es locker angehen lassen, um uns von den ersten paar anstrengenden Tagen ein wenig zu erholen. Das schwerste Stück des Trails ist jetzt gemeistert. Nur 5 km standen heute auf dem Programm, welche wir auch nach nicht einmal 1,5 stunden zurückgelegt hatten. Rast haben wir am wohl schönsten Campground entlang des Trails gemacht.
Es ist mittlerweile schon der 6. Tag angebrochen. Die Tage vergehen hier wie im Flug. Jeden Tag ist man beschäftigt mit Camp auf- und abbauen, Feuer machen, Essen kochen und natürlich wandern. Es war wieder ein mal ein wunderschöner Tag mit ausschließlich Sonnenschein und angenehmen Temperaturen.
Day 7 – Endspurt
Gestern Abend haben wir beschlossen, den Trail Morgen zu beenden, und nicht wie eigentlich geplant am achten Tag. Das bedeutet, dass wir heute anstatt 4 km insgesamt 16 Kilometer zurücklegen. Die letzten paar Kilometer waren echt ein Klacks. Der Weg war flach und breit, so konnten wir gut Tempo machen. Wenn man das so nennen kann. Immerhin stecken schon über 70 km in unseren Beinen, die sich scheuen sich bemerkbar zu machen. Und auf dem letzten Kilometer passierte etwas einzigartiges. Domi wollte gerade den ersten Schritt auf eine Brücke setzten, doch als ich gesehen habe was auf der anderen Seite wartet, habe ich aus Reflex meinen Arm vor ihn geschoben. Er schaute mich kurz an, folgte dann aber direkt meinem Blick zu dem Schwarzbär mit Baby. Diese Begegnung war mit Abstand das Highlight der letzten Woche! Einen Augenblick schaute uns die Mutter mit aufgestellten Ohren an und als sie merkte, dass wir keine wirkliche Bedrohung darstellen, machte sie langsam mit ihrem Jungen den Abgang…
Wir blieben noch einige Minuten stehen und gingen dann langsam aber sicher weiter. Meter für Meter. 10 Minuten später standen wir schon am nördlichen Einstiegspunkt des West Coast Trails.
Das waren sieben Tage Trekking in purer Wildnis. Anfangs war ich selbst skeptisch, ob mir so ein langer Hike überhaupt Spaß machen würde. Diese Antwort zu beantworten fällt mir nach den sieben Tagen sehr leicht: Ich habe Lust auf mehr!
Peace out and stay tuned!